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Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung – Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch

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BAG vom 16.5.2019 – 8 AZR 315/18: Vor dem Bundesarbeitsgericht haben die Parteien darüber gestritten, ob die Beklagte verpflichtet ist, an den Kläger eine Entschädigung wegen eines Verstoßes gegen das Verbot der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung zu zahlen.

 

Leitsatz

Die besondere Pflicht nach § 82 Abs. 2 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (a. F.), schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, trifft nur öffentliche Arbeitgeber i. S. von § 71 Abs. 3 SGB IX a. F. Hierzu zählt nach § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a. F. auch jede sonstige Körperschaft, Anstalt und Stiftung des öffentlichen Rechts. Die besondere rechtliche Stellung der Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S. von § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a. F. setzt einen entsprechenden staatlichen Hoheitsakt, nämlich die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts voraus.


Orientierungssätze

  1. Der Verstoß eines Arbeitgebers gegen Vorschriften, die Verfahrens- und/oder Förderpflichten zugunsten schwerbehinderter Menschen enthalten, ist grundsätzlich ein Indiz i. S. von § 22 AGG, das mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lässt, dass der schwerbehinderte Beschäftigte wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt wurde.

  2. Die Verpflichtungen nach § 81 Abs. 1 Satz 4, Satz 6 und Satz 7 SGB IX a. F. treffen den Arbeitgeber nur dann, wenn bei ihm eine Schwerbehindertenvertretung und/oder eine in § 93 SGB IX genannte Vertretung besteht.

  3. Die Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer solchen Vertretung trifft nach den allgemeinen Regeln der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast die Partei, die den Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG geltend macht. Aus § 22 AGG folgt insoweit nichts Abweichendes.

  4. Der Senat hat es offengelassen, ob und ggf. unter welchen weitergehenden Voraussetzungen aus dem Umstand, dass ein externer Bewerber um ein Beschäftigungsverhältnis regelmäßig keinen Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse in der Sphäre des Arbeitgebers hat, eine Verpflichtung des Arbeitgebers folgen kann, den erfolglosen Bewerber in die Lage zu versetzen, für seine Behauptung, bei dem Arbeitgeber bestehe eine Schwerbehindertenvertretung und/oder eine in § 93 SGB IX a. F. genannte Vertretung, entsprechenden Beweis anzutreten, indem er diesem im Prozess die Personen benennt, die über das Bestehen oder Nichtbestehen einer solchen Vertretung Auskunft geben können.

  5. Der Arbeitgeber ist nach § 81 Abs. 1 Satz 8 SGB IX a. F. nur dann zur Anhörung des schwerbehinderten Menschen und nach § 81 Abs. 1 Satz 9 SGB IX a. F. nur dann zu dessen unverzüglicher Unterrichtung über die getroffene Entscheidung unter Darlegung der Gründe verpflichtet, wenn er nach § 81 Abs. 1 Satz 7 SGB IX a. F. verpflichtet ist, seine beabsichtigte Entscheidung mit der Schwerbehindertenvertretung und/oder einer in § 93 SGB IX a. F. genannten Vertretung unter Darlegung der Gründe zu erörtern.

  6. Nur öffentliche Arbeitgeber i. S. von § 71 Abs. 3 SGB IX a. F. sind nach § 82 Satz 2 SGB IX a. F. verpflichtet, schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Als öffentliche Arbeitgeber im Sinne des Teils 2 des SGB IX a. F. gelten nach § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a. F. auch sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts. Körperschaft des öffentlichen Rechts i. S. von § 71 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX a. F. ist nur, wem der Status einer solchen Körperschaft durch staatlichen Hoheitsakt verliehen wurde.

 

Auf die vollständige Urteilsbegründung wird verwiesen.

BAG vom 16.5.2019 – 8 AZR 315/18 –


Bernhard Faber

Richter am Arbeitsgericht Augsburg a. D.

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